Die Digitalisierung ändert die Art und Weise, wie Industrieversicherungsgeschäfte zwischen den Marktpartnern abgewickelt werden. Der Einsatz einer hochmodernen digitalen Underwriting-Plattform gewährleistet Effizienz und einen kundenorientierten Serviceansatz.

Kurz & knapp

  • Digitale Underwriting Plattform – warum?
  • Konfiguration von digitalen Versicherungsprodukten
  • Individualität trotz Standardisierung in Produkten und Vertriebskanälen
  • Die Gretchenfrage jeder Plattform: Wie hast du’s mit der Datenhoheit?
  • Schnittstellen-Offenheit

1. Digitale Underwriting Plattform – warum?

Industrie- und Gewerbeversicherer wollen in der Regel standardisierte digitale Produkte anbieten, während Makler, die dem Kunden gegenüber stehen, nach Exklusivität streben. Im Hinblick auf ihre spezifischen digitalen Angebote erleben wir zusehends, wie einerseits Versicherer die Geschäftsmodelle von Maklern berücksichtigen und andererseits Makler wiederum für beide Seiten Prozesseffizienz herstellen wollen. So gewinnen die Marktpartner miteinander. Digitale Geschäftsmodelle setzen auf Kollaboration.

Das übergreifende Ziel aller Marktteilnehmer im Bereich KMU ist es, das Geschäft vollautomatisch ablaufen zu lassen – von der Ausschreibung über die Definition von Deckungsangeboten bis zur Schadensregulierung. Denn trotz des großen Potenzials ist das Mittelstandsgeschäft derzeit immer noch zu kostenintensiv. Grund sind hohe interne Bearbeitungszeiten und zu viel manuelle Handgriffe trotz standardisierter Produkte.

Eine digitale Underwriting Plattform verbindet alle Marktpartner, die ihr Geschäft gemeinsam digital betreiben wollen. Gleichzeitig erhöht sie die Effizienz und die Kundenorientierung auf allen Ebenen. Durch eine Plattform und volldigitalisierte Prozesse für Angebote, erweiterte Vertragsklauseln und Verlängerungen kann der gesamte Underwriting- und Verweisungsprozess beschleunigt werden.

2. Konfiguration von digitalen Versicherungsprodukten

Was bedeutet es digitale Produktportfolios zu erstellen und zu verwalten?

Schritt eins.

Für Versicherer, Makler und andere Distributionspartner bedeutet das, dass sie Daten und Regeln zur Beurteilung von Risiken in eine strukturierte, digitale Form überführen müssen, um diese für Software les- und interpretierbar zu machen.

Schritt zwei.

Ein digitales Produkt als Gesamtheit entsteht, wenn die Kernbausteine modelliert und beschrieben sind und beispielsweise in Form des Underwriting-, Deckungs- und Schadenmodells in einem einzigen technischen Produktrahmen zusammengefasst sind. Für jede digitale Partnerschaft muss eine Variante eines solchen digitalen Produkts eingerichtet werden, da sie die individuellen Anforderungen des Maklers und Versicherers abdecken muss.

Kann das nun jeder Underwriter selbst machen? Ja, wenn die Plattform anbietet, auch für Fachexperten ohne Programmierkenntnisse Datenmodellierung möglich zu machen, Stichwort Low Code. So werden Underwriter befähigt, in kürzester Zeit selbst Produkte zu entwickeln, zu testen und auf den Markt zu bringen. Die Zeit bis zur Markteinführung wird damit erheblich verkürzt.

3. Individualität trotz Standardisierung in Produkten und Vertriebskanälen

Industriekunden, Versicherer, Broker, Asskuradeure, Pools, Finanzinstitutionen, Aggregatoren-Plattformen, Affinity- und “White-labelling” Partner – alle Marktpartner in der Industrieversicherung müssen eine Vielzahl von Kanälen beherrschen, um die wirtschaftlichen Möglichkeiten voll ausschöpfen zu können.

Insbesondere Makler und Assekuradeure als Distributionspartner der Versicherer streben nach individuell zugeschnittenen Risikodeckungen zum besten Preis. Die Möglichkeit, ihren Kunden neue, individuelle und schnelle Lösungen von renommierten Versicherungsunternehmen anzubieten, garantiert Provisionseinnahmen.

Die Marktpartner der Versicherer profitieren daher durch die neuen Möglichkeiten einer Plattform, am digitalen Verkaufsort (Point-of-Sale) ein digitales Antragsformular auszufüllen oder ein vorhandenes Antragsformular hochzuladen und innerhalb von Minuten Angebote und Policen zum Vergleich zu erhalten. So können sie die Angebote ihren Kunden unmittelbar präsentieren und Policen aushändigen.

  • In einer modernen Underwriting Plattform können sie die mit den Partnern vereinbarten, individuellen Underwriting-Modelle und Ratings hinterlegen, jederzeit in Echtzeit anpassen und automatisch in Anfragen und Angebote einfließen lassen. Zugleich werden die Einhaltung von geltenden Gesetzen und regionalen Vorschriften automatisiert unterstützt. Und: Dokumente sind vorausgefüllt und werden automatisch generiert.
  • Automatisiert und standardisiert laufen so die Vertriebs- und Underwritingprozesse effizient und sind dabei vollständig auf die bestehenden Underwriting- und Verweisungsregeln abgestimmt.
  • Underwriter haben in Echtzeit Zugang zu allen Daten und können problemlos zusammenarbeiten. Das beinhaltet auch Verweisungsmitteilungen mit Fälligkeitsdatum und Vier-Augen-Prüfung. Underwriting-Arbeitsblätter und Ratingmodelle sind integriert, zudem sind alle automatisch generierten Dokumente, obligatorischen Vertragsergänzungen und Rechnungen bereits mit vorhandenen Informationen vorausgefüllt.
  • Durch die End-to-end Prozessintegration ist ein reibungsloser Zusammenarbeit und Risikodeckung zwischen Industriekunden, Maklern und Versicherern möglich.

Individueller Point-of-Sale je Vertriebspartner

Der individuelle, digitale Verkaufspunkt ermöglicht jedem Distributionspartner eine innovative und compliance-konforme Risikolösung für seinen Kunden in nur wenigen Minuten. Vereinfachtes Ausschreiben und die gewonnene Markttransparenz führt zu einer Erhöhung der gebuchten Bruttoprämien. So entsteht Wachstum und Profitabilität auch in neuen Märkten.

  • Vollautomatiserte Angebote werden in wenigen Minuten erstellt = Real Time Underwriting
  • Eine weitere Motivation ist ein benutzerfreundliches, responsives User Interface, das eine klare Orientierung und einfache Bedienung ermöglicht.
  • Jeder Distributionspartner hat Zugang, Kontrolle und Übersicht zu allen seinen Ausschreibungen und Angeboten, alle Dokumente sind digital vorhanden und individuell herunterladbar
  • Ein schnellerer, automatisierter Underwriting- und Verweisungsprozess erleichtert auch die Übersicht über Policen und Erneuerungen

4. Die Gretchenfrage jeder Plattform: Wie hast du’s mit der Datenhoheit?

Wer die Daten hat, beherrscht das digitale Geschäft. Der Kampf um die Kundendaten im Mittelstandsgeschäft zwischen Versicherern und Maklern ist in vollem Gange. Denn die eigene Datenhoheit auch auf einer gemeinsamen Plattform zu besitzen, ist ein hohes Gut für jeden Marktpartner.

Der Plattformbetreiber muss diese Sicherheit und seine eigene Neutralität hundertprozentig gewährleisten. Wenn Versicherer oder Makler selbst Plattformbetreiber sind, muss die Frage nach der Neutralität überzeugend beantwortet werden.

5. Schnittstellen-Offenheit

Eine moderne Underwriting-Plattform muss sich vollständig in die bestehende Systemwelt integrieren und an die bestehenden Backoffice-Prozesse angepassen. Dafür bietet sie optional Schnittstellen zu existierenden Legacy Systemen der verbundenen Plattformpartner inklusive der Integration via BiPRO oder Webservice-Schnittstellen.

Die generelle Integrationsfähigkeit zu allen Arten von externen Daten sind gefragt am Markt, seien es Daten von Sensoren, Daten von anderen Dienstleistern wie Inkassofirmen oder Betrugsermittlung und insbesondere Integration zu Rating Engines und bestehenden Speziallösungen für Risikoanalyse.

Zunehmend werden auch “Conversational Interfaces” (Voice, Chat, Messaging) gewünscht – und nicht zuletzt für die Integartion von Sprachassistenten.

Fazit

Eine von möglichst vielen Marktteilnehmern gemeinsam entwickelte, offene Plattform ist gefragt, die jeder Plattformteilnehmer autark betreibt und so seine Datenhoheit wahrt. Für Kollaboration und Distribution wird eine dezentrale Punkt-zu-Punkt Verbindung hergestellt mit jedem Partner. Auf der Basis digitaler Produkte und individuell vereinbarter Konditionen entsteht ein Netzwerk an bilateralen Beziehungen, die zeitgemäße Risikodeckung und Wachstum ermöglichen.

Es gibt auch Plattformen, die scheitern. Die am häufigsten genannten Gründe: fehlende Akzeptanz im Markt, zu komplexe Bedienung und fehlende Neutralität des Plattformbetreibers.