Digitalisierung der Energiewirtschaft Führungskräfteverhalten und New Work

Der Energiesektor befindet sich in einem Wandel. Faktoren wie Anpassungen in den Regulierungen, der steigende Wettbewerb und sich verändernde Kundenerwartungen sowie eine fortschreitende Digitalisierung verstärken die Notwendigkeit zur Transformation hin zu einem digitalen Unternehmen und stellen Unternehmen der Energiewirtschaft vor neue Herausforderungen. Führungskräften kommt eine besondere Verantwortung zu, denn sie müssen den Wandel in der Organisation vorbereiten und treiben.

In einer qualitativen Umfrage unter Führungskräften im IT-Umfeld mittelständischer und großer Energieversorger, Netzbetreiber und Stadtwerke wurde untersucht, worin die Befragten die konkreten Herausforderungen der Digitalen Transformation für Unternehmen der Energiewirtschaft sehen. Pascale Ullmann spricht mit Dirk Smikale, früher Leiter des Arbeitskulturprogramms bei innogy und heute in Executive HR bei E.ON, über New Work, den Kulturwandel in Unternehmen, veränderte Anforderungen an Führungskräfte und Auswirkungen der Digitalen Transformation für Mitarbeiter in Energiewirtschaftsunternehmen.

 

Pascale Ullmann: Wie lange arbeiten Sie schon für innogy und was ist Ihr Aufgabengebiet?

Dirk Smikale: Ich arbeite jetzt 28 Jahre für dieses Unternehmen. Damals ist die innogy eine Ausgliederung aus RWE mit der Idee gewesen, dass die grüne Energie in einer eigenen Company gebündelt wird und die traditionelle Stromerzeugung über Braunkohle und Kraftwerke im Mutterhaus RWE verbleibt. Ich bin dann als Personalleiter einer Gesellschaft im RWE Konzern mit in die innogy gewechselt. Ich habe Projekte übernommen, die unmittelbar beim Personalvorstand und später auch beim Vorstandsvorsitzenden angesiedelt waren. Hintergrund meiner Tätigkeiten war, dass wir viele Themen, die zu der Transformation beitragen sollten, nicht in der originären Regelorganisation abgebildet und erarbeiten lassen haben. Stattdessen sind wir zunächst mit Programmen gestartet, bis wir die Reife hatten, diese in die Regelorganisation überführen zu können. Seit fünf Jahren mache ich vor allem strategische HR Projekte wie ‘New Work’.

Pascale Ullmann: Können Sie mir einen kleinen Einblick geben, was Sie mit ‘New Work’ meinen?

Dirk Smikale: Wir haben sehr früh überlegt, wie wir auf verschiedene Situationen reagieren und wie wir die Effizienz steigern können. Das führte dazu, dass jeder Vorstand in seinem Ressort Ideen entwickeln musste. Wenn es um Kosten und Effizienz geht, dann erwartet man vom Personalbereich meistens Maßnahmen zum Stellenabbau. Und mein damaliger Chef, der Personalvorstand, sagte dann ‘Ich kann das nicht noch mal verantworten, wir müssen andere Wege gehen’. So sind wir mit einer 180 Grad Kehrtwende herangegangen. Wir stellten uns schließlich die Frage, wie wir Themen wie Work-Life-Balance, Generation Y und viele weitere Themen fördern können um grundsätzlich als Arbeitgeber noch attraktiv zu bleiben. Die Energiebranche war zu diesem Zeitpunkt auf dem absteigenden Ast in der Beliebtheitsskala junger Talente.

Die Energiebranche war zu diesem Zeitpunkt auf dem absteigenden Ast in der Beliebtheitsskala junger Talente.

Wir haben versucht diese Themen miteinander zu verknüpfen, indem wir die Arbeitskultur und das Arbeitsumfeld für die Menschen so attraktiv wie möglich gestaltet haben, so dass sie einfach mehr Spaß daran hatten für das Unternehmen zu arbeiten. Für mich ist es nur logisch, dass Menschen, die zufrieden im Leben sind, auch motivierter sind und deswegen einen besseren Job machen.
Das Hauptthema mit dem wir vor fünf Jahren los gelegt haben war mobiles Arbeiten. Das was heute verkürzt viele auf Home-Office beziehen haben wir weitergedacht. Wir haben darüber nachgedacht, was es bedeuten würde, wenn wir unseren Mitarbeitern im Unternehmen ermöglichen, mobil zu arbeiten. Was bedeutet das für uns als Führungskräfte? Was bedeutet das für die Zusammenarbeit? Was bedeutet das aber auch für die Kommunikation?

 

Pascale Ullmann: Was waren die größten Herausforderungen dieser Digitalen Transformation?

Dirk Smikale: Digitalisierung hat sehr viel mit Industrie 4.0 zu tun. Industrie 4.0 verfolgt das Ziel alles zu automatisieren, zu robotisieren und zu digitalisieren. Man ist erst viel später auf den Gedanken gekommen, dass dies eigentlich auch ein anderes Arbeiten bedarf.
Auch das Stichwort ‚Arbeiten 4.0‘ ist gefallen. Insofern sehe ich die Digitalisierung für die Arbeitskultur, die für mich das Hauptanliegen ist, eher als Mittel zum Zweck. Wobei in der produzierenden Industrie sicherlich eher vordergründig die Digitalisierung der große Treiber ist. Ich habe dennoch immer wieder festgestellt, dass sich allein aus dem Digitalisierungsgedanken heraus noch nicht per se ein anderes Arbeiten ergibt. Viele Unternehmen haben geglaubt, alles robotisieren zu können und dass die Leute nur lernen müssten, mit dieser neuen Technik umzugehen. Aber für uns war es anders. Ich habe selber schon gesagt: wir wollen keine weiteren Stellen abbauen, wir wollen produktiver werden. Und in diesem Kontext muss dann auch das Stichwort ‚mobiles Arbeiten‘ fallen.

Bei der Frage nach Herausforderungen war dies in den Projekten immer wieder , dass ich auf Führungskräfte gestoßen bin, die große Sorgen hatten, die Kontrolle zu verlieren.

Bei der Frage nach Herausforderungen war dies in den Projekten immer wieder , dass ich auf Führungskräfte gestoßen bin, die große Sorgen hatten, die Kontrolle zu verlieren. Dies war oft das erste Argument gegen mobiles Arbeiten. Wenn ich jetzt meine Teams nicht mehr sehe und jeder arbeitet mobil an unterschiedlichen Orten, dann habe ich gar keine Kontrolle mehr über das Ergebnis – so die Befürchtung. Das andere Thema auf Mitarbeiterseite war, dass damals vor vier Jahren noch nicht jeder einen Laptop und ein Smartphone zur Verfügung hatte. Das sind natürlich Voraussetzungen um wirklich von jedem Ort aus produktiv arbeiten zu können. Für Führungskräfte war also Digitalisierung zu dem Zeitpunkt eher eine Frage der Kosten. Wenn alle Mitarbeiter auf einmal einen Laptop und ein Smartphone haben sollen, kostet das ungemein viel Geld und das Geld war schlichtweg nicht im Budget vorhanden. Der dritte Punkt beinhaltet die Raumgestaltung mit der Frage: Brauchen wir noch Büroräume und wie müssen wir eigentlich ausgestattet sein? Was braucht es dazu, dass die Räume so gestaltet sind, dass die Mitarbeiter auch effizient arbeiten können und die Räume auch die Produktivität fördern?

 

Pascale Ullmann: Welche Kompetenzen sind als Führungskraft im digitalen Zeitalter besonders notwendig und warum?

Dirk Smikale: Die allererste Idee die ich dazu habe, weil ich häufiger auf dieses Problem gestoßen bin, ist das Thema Reflexionsvermögen. Es ist eine der wichtigsten Voraussetzungen überhaupt, seine eigene Rolle, die man traditionell eingenommen hat, zu hinterfragen. Ich habe immer gesagt, dass wir als Führungskräfte in einer gewissen Art und Weise sozialisiert wurden. Ich habe in den Diskussionen mit Führungskräften versucht, sie für die Vorteile dieser neuen Arbeitskultur zu gewinnen. Ich habe bewusst vermieden, jemanden zu zwingen, diese zu übernehmen. Das Schwierigste ist zu hinterfragen, was dann noch meine Rolle ist bis hin zu der Frage, wie dies eigentlich alles zu kontrollieren ist.

Eine andere Frage ist das Vertrauen, dass eine Führungskraft in die eigene Mannschaft haben sollte, ein Vertrauen darauf, dass die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen nicht per se faul sind und arbeiten wollen. Vertrauen ist die Basis dafür, dass du mit den Menschen wertschätzend umgehst, du mit ihnen klare Ziele vereinbarst, die erreichbar sind und ihnen auch die nötige Unterstützung gibst, diese Ziele zu erreichen. Dazu gehört sowohl eine Fehler- und Feedbackkultur wie auch diese Menschen zu trainieren und auszubilden.

Vertrauen ist die Basis dafür, dass du mit den Menschen wertschätzend umgehst, du mit ihnen klare Ziele vereinbarst, die erreichbar sind und ihnen auch die nötige Unterstützung gibst, diese Ziele zu erreichen.

Wir sind auch eines dieser Unternehmen gewesen, bei denen Führungskräfte sich in der Vergangenheit eher dadurch ausgezeichnet haben, dass der Teamleiter/in oder der Abteilungsleiter/in die besten Experten oder Expertinnen für ein Thema waren. Als Unternehmen muss man erkennen, dass dieser Weg nicht mehr der richtige ist. Man muss nicht alles besser wissen. Aber man muss als Führungskraft verstehen, dass man nicht mehr alle Menschen mit der Gießkanne betrachtet, sondern wirklich die Fähigkeit entwickelt, dass man sie als Individuum sieht.

Das ist anspruchsvoll, aber ehrlich gesagt ist dies die wesentliche Führungsaufgabe. Und wenn ich das als Führungskraft erstmal begriffen habe, lerne ich erstens, dass ich weiterhin in meiner Rolle als Führungskraft wichtig bin, nur anders als vorher. Ich weiß zweitens, dass es eine Herausforderung ist, die ich erlernen kann und drittens, dass es sogar noch viel mehr Spaß macht. Aber diesen Weg zu gehen ist die größte Herausforderung. Ich glaube, dass in anderen Unternehmen viele Programme falsch angegangen werden, indem sie vorgeben was konkret geändert werden soll. Ich glaube fest daran, dass man die Leute dann mitnimmt, wenn man ihnen auch aufzeigt, was die Konsequenzen ihres Verhaltens sind und wo Lösungen liegen können.

 

Pascale Ullmann: Worin unterscheidet sich denn Führung von damals zu heute?

Dirk Smikale: Die Digitalisierung eröffnet völlig neue Optionen, auch aus meiner Erfahrung heraus völlig neue Freiheitsgrade, so dass Menschen viel selbstständiger arbeiten können, sowohl was die Wahl ihres Arbeitsortes betrifft wie auch die Frage, wie ich die Arbeit gestalte. Ich halte sämtliche Veranstaltungen, die bisher auf persönlichen Level gelaufen sind wie zum Beispiel Workshops und Vorträge, nun Corona bedingt ausschließlich digital. Das sind Dinge, die nur durch die Technik und auch die entsprechenden Medien möglich sind.

Ich muss also verstehen, dass ich nicht durch Anwesenheit führe und nicht dadurch, dass alle Mitarbeiter nur vor mir sitzend den besten Job machen. Ich führe nicht durch Präsenz, sondern durch entsprechende Zielvereinbarungen.

Diese Punkte gilt es als Führungskraft zu gestalten und es muss erkannt werden, welchen Wert sie für die Arbeit in meinem Team haben. Dies betrifft sowohl die Businessproduktivität und die Motivation als auch die Performance meines Teams. Ich muss also verstehen, dass ich nicht durch Anwesenheit führe und nicht dadurch, dass alle Mitarbeiter nur vor mir sitzend den besten Job machen. Ich führe nicht durch Präsenz, sondern durch entsprechende Zielvereinbarungen. Wir haben methodisch implementiert, mit jedem Mitarbeiter über die Zielvereinbarungen zu sprechen. Ich gebe als Führungskraft die Kontrolle nicht völlig aus der Hand, sie wird nur anders gelebt. Sie findet aber statt.

 

Pascale Ullmann: Konnten Sie Widerstände bei Ihren Mitarbeitern gegenüber digitalen Technologien wahrnehmen und wenn ja, wie sind Sie damit umgegangen?

Dirk Smikale:  Die Zurückhaltung war natürlich vorhanden. Das Wesentlichste war, nicht an dem Problem zu arbeiten, sondern an dessen Lösung. Dennoch brauchte es eine gewisse Zeit, bis die Vorbehalte der Mitarbeiter auf dem Tisch waren. Beim Thema Digitalisierung kam heraus, dass viele glauben nicht zu wissen, wie es richtig geht. Eine ganz banale Erkenntnis. Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen haben zwar gesehen, dass es ein neues System gibt, aber sie sind überfordert und kommen mit Skype oder Microsoft Teams nicht zurecht. Das hörte ich wirklich überall heraus. Aber niemand wollte so ehrlich sein und dies zugeben. Wir haben vor Jahren die Standardschulungen, die bei Einführung solcher Systeme immer stattgefunden haben, aus Kostengründen abgeschafft. Nach dem Motto: Hilf dir selbst oder suche dir ein Tutorial aus dem Web. Dann haben wir gemerkt, dass die Leute das am Ende des Tages nicht machen. Zusätzlich war die Schwierigkeit auch, dass die Leute nicht wussten, wie man mobil arbeitet. Um dies zu lösen haben wir dann Workshops angeboten, in denen wir gemeinsam erarbeitet haben, wie mobiles Arbeiten funktionieren kann.

Nicht so glücklich war, dass die Leute innerhalb der Teams nicht aufeinander zugegangen sind und ihre Schwierigkeiten mit dem digitalen Arbeiten untereinander nicht direkt angesprochen haben. Diese natürlichen Gespräche zu Fragen wie „Wie arbeiten wir zusammen?“, „Wie helfen wir gegenseitig und tauschen uns aus?“, die ja sehr wichtig sind, wenn es um das Thema Digitale Transformation geht, fanden nicht statt. Das mussten wir initiieren. Das ist bis heute immer noch die Kernfrage: Wie setze ich dieses Mindset wirklich um?

 

Pascale Ullmann: Wie kann man die intrinsische Motivation bei den Mitarbeitern fördern, sodass diese sich auch privat mit den Problemen auseinandersetzen?

Dirk Smikale:  Unsere Aufgabe als Führungskraft wäre es, das Umfeld dafür zu schaffen, dass diese Motivation sich entfalten kann. Mir sagen viele Menschen im Unternehmen, dass die Performance ihres Teams deutlich gestiegen ist, weil die Leute tatsächlich ein besseres, gesünderes Verhältnis zur Arbeit und ihrem Leben haben. Ich weigere mich schon seit langem, von Work-Life-Balance zu reden, weil dies suggeriert, dass etwas ausbalanciert werden muss: auf der einen Seite leben und auf der anderen Seite arbeiten.  Aber die eigentliche Idee ist, dass dieser Übergang fließend gestaltet wird und ich ihn nicht als störend oder hinderlich empfinde, sondern das ich mir klar über das von mir erwartete Ergebnis bin und ich den Weg dahin zum großen Teil selbst gestalten und den Freiraum nutzen kann.

Ich weigere mich schon seit langem, von Work-Life-Balance zu reden, weil dies suggeriert, dass etwas ausbalanciert werden muss.

Eine Führungskraft vereinbart mit dem Mitarbeitenden Ziele. Wenn man feststellt, dass die Ziele in einer schnelleren Zeit geliefert werden, es von dem Mitarbeiter oder der Mitarbeiterin also weniger Einsatz braucht, kann man somit anspruchsvollere Ziele stellen. Dann hat man anscheinend eine Person vor sich, die motiviert und bereit ist dazu mehr zu leisten. Dann kann eine Führungskraft auch mehr einfordern. Schon seit 20 Jahren beschäftigen wir uns mit dem Thema ‚Flexible Arbeitszeit‘, dass ich als Personalleiter damals sogar selbst eingeführt habe. Das bedeutet, dass Mitarbeitende sogar einfach zwischendurch mal zwei Stunden etwas Anderes machen und sich ihre Arbeitszeit frei einteilen können, nur tut das praktisch keiner. Da stellt sich die Frage, warum eigentlich nicht? Ganz einfach, weil zunächst nicht das Gefühl bei der Mannschaft vorhanden ist, dass das geduldet und gewünscht wird und auch anerkannt wird. Oder besser gesagt, es wird gefühlt nicht gerne gesehen, sowohl von Führungskräften und auch Kollegen und Kolleginnen nicht. Da kann untereinander das Gefühl auftreten, dass einige Personen die ganze Arbeit machen während sich andere draußen herumtreiben. Aber genau diese Meinung, diese Haltung, dass Leute womöglich schlechtere Leistungen erbringen, nur weil sie gerade nicht erreichbar und sichtbar sind, muss aus den Köpfen raus.

Und das sind Faktoren, die sind als Motivationstreiber unbezahlbar. Nutzen muss man das mobile Arbeiten deshalb natürlich nicht, ich verstehe das Thema mobiles Arbeiten nur als eine alternative Flexibilität für die, denen es hilft. Für diejenigen führt diese erhöhte Flexibilität zu neuer Motivation, die auch die Leistungsbereitschaft steigert. Aber natürlich ist das nicht jedermanns Sache. Viele wünschen sich stattdessen auch weiterhin eine saubere Trennung.

Es gilt, die Attraktivität und die Performance dadurch zu steigern, dass man das Arbeitsleben viel mehr individualisiert. Das heißt nicht, dass jeder macht, was er will. Aber wenn wir es schaffen, dass die Leute ihren Lebensstil, ihre Persönlichkeit, ihre Werte bestmöglich leben können, fühlen sie sich am wohlsten, hängen sich rein und machen eben auch den besten Job der Welt.

 

Pascale Ullmann: Glauben Sie, dass die Digitalisierung die Beziehung und den Zusammenhalt des Teams beeinträchtigt?

Dirk Smikale:  Diese Frage habe ich auch sehr früh gestellt bekommen. Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen haben die Sorge, dass sie nicht gesehen werden nach dem Motto: aus den Augen, aus dem Sinn. Sie haben Zweifel daran, gefördert zu werden und keine Karriere mehr zu machen. So sollten beispielsweise nicht die Mitarbeiter, die ich sehe, automatisch als die High-Performer und die eher zurückhaltenden als die Low-Performer bewertet werden. Im Endeffekt gehört eine ganze Portion Aufmerksamkeit und Achtsamkeit dazu. Im Ergebnis haben wir bis heute bei uns im Unternehmen durch die Digitalisierung keine Differenzen feststellen können was die Förderung der Mitarbeiter, die Wertschätzung, Karrieremöglichkeiten oder Vergütung angeht. Es hat sich glücklicherweise auch auf beiden Seiten noch niemand beklagt.

Meiner Meinung nach liefern persönliche Treffen auch einen Beitrag zur Loyalität der Mitarbeitenden gegenüber dem Unternehmen. Immer nur autonom zu sein, schmälert auf lange Sicht die Loyalität gegenüber dem Arbeitgeber.

Wir als Organisation sind vollkommen überzeugt, dass die Menschen tatsächlich sich auch regelmäßig treffen müssen, einfach um einen sozialen Kontakt zu behalten. Meiner Meinung nach liefern persönliche Treffen auch einen Beitrag zur Loyalität der Mitarbeitenden gegenüber dem Unternehmen. Immer nur autonom zu sein, schmälert auf lange Sicht die Loyalität gegenüber dem Arbeitgeber. Ich habe daher dafür geworben, dass alle Teammitglieder einen Tag die Woche im Büro anwesend sind. Aber natürlich hilft die Digitalisierung auch hier, gewisse Mitarbeiter die nicht ins Büro kommen können auch mal digital dazu zu holen. Das ist aber wieder eine Frage der Individualisierung und persönlichen Gegebenheiten.

Ich habe versucht, unter den Führungskräften für das Thema Individualisierung noch mal zu sensibilisieren. Es sollte kein Zwang entstehen, sondern wirklich geschaut werden, ob aus Gründen der Effizienz, der Performance und Zusammenarbeit eine Zusammenkunft im Büro förderlich oder erforderlich ist. Bewusst sollte man nicht ins Büro kommen, nur im sich zu zeigen und einer gewissen Kontrolle gerecht zu werden. Am Ende muss man immer sehen, dass die Zahlen stimmen und die Art der Zusammenarbeit darauf einzahlen muss.

 

Pascale Ullmann: Wie wird die Zukunft der Energiebranche aussehen, auch im Hinblick auf die digitale Arbeitswelt?

Dirk Smikale:  Wir haben in der innogy schon viele neue Technologien eingeführt. Bisher habe ich eher von den Massenprodukten gesprochen. Aber wir arbeiten in vielen Bereichen, wie dem Personalbereich, beim Recruiting oder im Vertrieb, schon mit Bots. Ich glaube, dass wir als innovationsorientiertes Unternehmen schon sehr weit sind und auch weiterhin versuchen die Möglichkeiten, die sich durch die Digitalisierung ergeben, intensiv zu nutzen.

Aus Sicht des Personalbereiches geht es darum, Dinge vor- und auch mitzudenken. Wenn man Techniker und Controller ohne andere Einflüsse mit dem Thema alleine lässt, werden oft nur die Kostenersparnisse durch digitale Technologien hervorgehoben, indem in Zukunft alles ein Roboter übernimmt und so Arbeitskraft eingespart wird. Dies lässt sich nicht komplett verhindern, dennoch können wir viel zur Entwicklung beitragen, wenn wir mitdenken. Wie verändert sich die Zusammenarbeit? Welche Vorteile ergeben sich für die Betroffenen, wenn sie mit diesen Technologien umgehen? Den Arbeitsplatz kann ich nur dann erhalten werden, wenn ich bereit bin, dazuzulernen. Wenn ich mich dagegen sperre, wird mich die Digitalisierung letztendlich einfach überholen und auch ausbooten.

Die Philosophie ist, dass ich mit den Technologien leben muss, weil bestimmte Arbeitsgebiete sich radikal verändern oder disruptiv wegfallen werden. Ich muss bereit sein, etwas Anderes zu tun.

Wir als Unternehmen sind daran interessiert, die Menschen weiterzubilden und sie so zu schulen, dass sie die entsprechenden Fähigkeiten entwickeln und daran wachsen. Wir müssen uns mehr denn je darauf einstellen, dass mit den Veränderungen in der Wirtschaft auch ich als Mitarbeiter oder Mitarbeiterin mich verändern muss. Die Philosophie ist, dass ich mit den Technologien leben muss, weil bestimmte Arbeitsgebiete sich radikal verändern oder disruptiv wegfallen werden. Ich muss bereit sein, etwas Anderes zu tun. Es wird aber auch dazu führen, dass einige Jobs konkret wegfallen. Aber ich glaube, wenn man die letzten 10 Jahre betrachtet, entstehen auch immer wieder neue Aufgabengebiete und Handlungsfelder, die durch die Technik ermöglicht werden. Deshalb glaube ich, dass wir den Kopf nicht in den Sand stecken müssen.

 

Weitere Experten aus der Energiebranche im Interview:

 

Interview Thorsten Gall (Head of New Way of Working und IT Transition E.ON) über Digital Leadership
Mehr lesen.
Interview Detlev Falkner (Geschäftsführer rde) über digitale Trends und Veränderungen für Führungskräfte
Mehr lesen.
Interview Sandra Preß (Head of IT Solutions HR E.ON Digital Technology) über Digital Leadership
Mehr lesen.

 

 

Als Managementberatung für Digitalisierung arbeiten wir leidenschaftlich für viele namhafte Kunden in der Energiewirtschaft.

Wir sind Experten für Innovationsmanagement, Business Agilität und Prozessmanagement. Gemeinsam befähigen wir IT, Business und Organisation, die Chancen der digitalen Transformation umzusetzen.

Mehr zu unseren Leistungen finden Sie hier.

Ihr mgm-Ansprechpartner für die Energiewirtschaft:
Christian von Hammerstein, info@mgm-cp.com.

 

 

Pascale Ullmann

Das Interview führte Pascale Ullmann im Rahmen ihrer Masterarbeit “Leadership in the Digital Age – Challenges and opportunities for Companies in the Energy Sector” im Studiengang Wirtschaftswissenschaft der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Leibniz Universität Hannover, die sie bei mgm consulting partners geschrieben hat.