eGovernment-Erfolgsprojekt ELSTER feiert 25. Geburtstag

Was 1996 als Grundlage für eine elektronische Steuererklärung – schnell bekannt unter dem Akronym ELSTER – begann, ist heute eine millionenfach genutzte Standardanwendung. Und am großen Funktionsumfang arbeiten Entwickler*innen laufend weiter – über die reine Nutzung für Steueranwendungen hinaus.

Kurz & knapp

  • Arbeit an elektronischer Steuererklärung ELSTER startete im September 1996
  • Im Jahr 2021: Millionenfache Nutzung durch Bürger*innen und Unternehmen
  • Größtes E-Government-Projekt in Deutschland wird kontinuierlich weiterentwickelt
  • ELSTER-System findet zunehmend Anwendung über die Steuerverwaltung hinaus

Die Digitalisierung von Verwaltungsleistungen war schon lange vor dem Onlinezugangsgesetz (OZG) auf der Agenda von Behörden. Im Steuerbereich sogar bereits in der 90er Jahren: Vor 25 Jahren begann die Entwicklung der elektronischen Steuererklärung, die heute als ELSTER fast jede oder jeder kennt. Das System ist ein Musterbeispiel für ein erfolgreiches E-Government-Projekt, das seitdem kontinuierlich weiterentwickelt wird. Eine fast vollständige elektronische Kommunikation mit dem Finanzamt ist als Ziel längst erreicht. Inzwischen hat sich das System bei Bürger*innen und Unternehmen flächendeckend etabliert und bewährt. So sehr, dass es nun als Grundlage für digitale Verwaltungsanwendungen jenseits der Finanzämter dient.

Die Anfänge, der ursprüngliche Gedanke

Der Start klingt sehr trocken: Die Referatsleiter Automation (Steuer) der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder beauftragten 1996 eine Arbeitsgruppe. Diese sollte die Voraussetzungen für eine elektronische Steuererklärung untersuchen.

Was nach endlosen Sitzungen und Protokollen klingt, führte recht schnell zu konkreten Handlungen. Die Oberfinanzdirektion München entwickelte auf Basis einer Windows-basierten Client/Server-Architektur ein modulares Softwarekonzept zur Datenübermittlung über eine zentrale Kommunikationsstelle. Erst war es nur eine Handvoll IT-Experten, die an dem Projekt arbeiteten – mitunter auch am Wochenende neben dem eigentlichen Tagesgeschäft. Doch bereits 1997 wuchs es zu einem kleinen Team an, das in Vollzeit programmierte. 1998 stand die Software, am 16. März startete die Lohnsteuerhilfe Bayern die erste Übertragung. 1999 erhielten dann zwölf Anbieter von Steuererklärungsprogrammen die Software, damit diese Clientbibliothek und Schnittstelle in ihre Software einbinden konnten. Im selben Jahr führte die Finanzverwaltung offiziell ELSTER als Verfahren zur elektronischen Übermittlung von Einkommensteuererklärungen ein. Die Federführung für alle Entwicklungen rund um ELSTER liegt organisatorisch von Anfang an beim Bayerischen Landesamt für Steuern (BayLfSt).

Die Suche nach der nutzerfreundlichsten Anwendung

Ein zentraler Punkt bei der Entwicklung von ELSTER war und ist die Nutzerfreundlichkeit. Schließlich sollten alle in Deutschland steuerpflichtigen Bürger*innen und Unternehmen ELSTER möglichst mühelos nutzen können. Die ELSTER-Software ist aktuell in drei Bereiche aufgeteilt. Die Clientbibliothek ERiC (Elster Rich Client) lässt sich in die Steuersoftware von externen Anbietern einbinden. ERiC ermöglicht die sofortige Plausibilisierung der Eingabedaten und die gesicherte Übertragung der Daten zur Steuerverwaltung. Die dazugehörige Serversoftware – die zweite Komponente – liegt auf den Servern der Zentralen Produktions- und Service-Stelle (ZPS ELSTER). Dritter Bestandteil ist die Webanwendung MeinELSTER unter elster.de zur Abgabe der Steuererklärungen für Nutzer*innen. Bis 2020 gehörte zudem das Steuerverwaltungsprogramm ElsterFormular als PC-Programm zur Familie. Das BayLfSt hat es mit dem Veranlagungsjahr 2019 zugunsten des Webportals eingestellt.

Dabei war ElsterFormular für Windows-Computer bereits sehr früh Thema im Entwicklungsteam. Schließlich sollte ELSTER unbedingt auch für Bürger*innen zur Verfügung stehen. Zu Beginn der Entwicklung 1996 bot sich das Internet aber noch nicht als der naheliegendste Übertragungsweg der erfassten Daten an die Finanzämter an. Im Gegenteil, manche der Beteiligten lehnten es sogar strikt ab. Stattdessen prüfte man das alternative E-Mail-System Telebox400. Wegen zu hoher Kosten verwarf das damalige Team den Ansatz bald wieder. Schließlich setzte sich mit zunehmender Verbreitung das Internet durch.

Von der Datenübertragung zum “Mein ELSTER”-Portal

Da ELSTER aber mehr sein sollte als ein Übertragungsweg, mussten es Bürger*innen und Unternehmen möglichst problemlos nutzen können. Die Software sollte auf unterschiedlichen Betriebssystemen laufen und einfach zu installieren sein. ElsterFormular wurde 2001 eingeführt und millionenfach genutzt. Doch die Steuerverwaltung wollte eine noch einfachere browserbasierte Lösung und so begannen die Arbeiten an einer Portallösung, die im Jahr 2005 in Produktion ging. Release für Release wuchs die Funktionalität des damals sogenannten ElsterOnline-Portals. Im Jahr 2017 erfolgte ein Relaunch des Portals, insbesondere zur Modernisierung und Vereinfachung der Benutzerführung und Bedienbarkeit sowie zur Unterstützung von mobilen Geräten. Im Züge dieser Überarbeitung wurde das ElsterOnline-Portal in “Mein ELSTER” umbenannt.

Eine deutliche Erleichterung für die Bürger*innen stellt die vorausgefüllte Steuererklärung (VaSt) dar, die die Steuerverwaltungen seit Januar 2014 in ELSTER anbieten. Über den sogenannten Belegabruf lassen sich Daten und Bescheinigungen, die bei den Finanzbehörden gespeichert sind, automatisch in die Steuererklärungen einfügen. Dazu zählen: vom Arbeitgeber übermittelte Lohnsteuerbescheinigungen, Lohnersatzleistungen, Mitteilungen über Rentenleistungen, Beiträge zu Kranken- und Pflegeversicherungen, Vorsorgeaufwendungen und Beiträge für vermögenswirksame Leistungen.

Selbstverständlich bei Steuerthemen: Datensicherheit

Für ELSTER werden die Daten bei der Datenübertragung verschlüsselt. Dabei ist auch eine zuverlässige Authentifizierung des Übermittelnden notwendig, die über unterschiedliche Authentifizierungsmitteln möglich ist (entweder Zertifikatsdatei, Sicherheitsstick oder Signaturkarte – und seit 2018 auch der elektronische Personalausweis). Die Zertifikate lassen sich nicht nur in Mein ELSTER, sondern auch in Steuer- und Finanzbuchhaltungsprogrammen von Drittanbietern (bei entsprechender Implementierung) nutzen.

2010 zertifizierte das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) ELSTER entsprechend der internationalen Norm ISO-27001. Dieses Zertifikat dokumentiert die vollständige Umsetzung von Informationssicherheitstechniken, die die Norm vorgibt.

Von der Einkommensteuererklärung zum ELSTER-Kosmos

Die namentliche Beschränkung auf die Einkommensteuererklärung brachen die Entwickler*innen schnell auf. Bereits in den Jahren 2000 und 2001 folgten der eigentlichen Funktionalität von ELSTER Erweiterungen für Lohnsteueranmeldungen, Umsatzsteuer-Voranmeldungen und Umsatzsteuererklärungen, Gewerbesteuererklärungen sowie die Erklärung zur Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags. Dazu kamen individuelle Dienste für Kommunen sowie Kammern und Verbände, etwa für die elektronische Übermittlung von Kfz-Zulassungsdaten, Sterbedaten und Haushaltskassendaten an die Finanzverwaltung. Seit 2005 gilt sogar die Pflicht zur elektronische Umsatzsteuer-Voranmeldung. Mittlerweile nutzen 99 Prozent der Unternehmen und Arbeitgeber*innen in Deutschland dafür diesen Weg.

Eine große Herausforderung für das ELSTER-Team – heute arbeiten an verschiedenen Stellen zwischen 100 und 150 Menschen daran – ist die Integration von Gesetzesänderungen. Über ELSTER laufen rund 600 unterschiedliche Daten- und Steuerarten, hinter denen sich mehrere hundert Formulare verbergen, die sich wiederum häufig ändern, teilweise jährlich. Diese Neuerungen erfolgen in Abstimmung zwischen den ELSTER-Programmierer*innen und Fachleute der Steuerverwaltung. Durch den modellbasierten Ansatz von ELSTER steht der Steuerverwaltung aber ein Baukasten zur Verfügung, mit dem ihre Mitarbeiter*innen viele Anpassungen ohne Programmieraufwand selbst vornehmen können.

ELSTER in Zahlen

Die Erfolgsgeschichte ELSTER lässt sich auch mit Zahlen belegen: 28,2 Millionen Steuererklärungen, rund 93 Prozent der geschätzten Gesamtzahl, erfolgten 2020 in Deutschland über ELSTER. Im Jahr 2000 waren es erst 140.000. Insgesamt wurden bis 2020 über 200 Millionen Einkommensteuererklärungen via ELSTER übermittelt. Die beliebteste Authentifizierungsart beziehungsweise Registrierung ist dabei die Zertifikatsdatei, die rund 9 Millionen Anwender*innen nutzen.

Neben den Steuerklärungen wurden auch eine große Zahl anderer steuerrelevanter Datensätze elektronisch mit ELSTER übertragen. Bis Ende 2020 summierten sie sich auf rund 1,75 Milliarden, darunter:

  • circa 639 Millionen Umsatzsteuer-Voranmeldungen, davon 40,7 Millionen in 2020
  • circa 321 Millionen Lohnsteuer-Anmeldungen, davon 18,9 Millionen in 2020
  • circa 792 Millionen Lohnsteuerbescheinigungen, davon 55,9 Millionen in 2019

Die Ausweitung über die rein steuerliche Anwendung hinaus

Seit August 2017 gilt das Onlinezugangsgesetz. Es verpflichtet Bund und Länder, bis spätestens 2022 ihre Verwaltungsleistungen auch elektronisch über Verwaltungsportale anzubieten. Unternehmen und Bürger*innen sollen sich dafür künftig mit ihren bestehenden ELSTER-Zertifikaten auch in Verwaltungsportalen außerhalb der Steuerverwaltung sicher anmelden, authentisieren und Leistungen online nutzen können.

Zentraler Punkt für Unternehmen und Organisationen: Das bundesweite einheitliche Unternehmenskonto für die sichere digitale Kommunikation auch mit Nicht-Steuerbehörden, basierend auf die ELSTER-Technologie. So erfolgte beispielsweise die Authentifizierung zur Beantragung der November- und Dezemberhilfen während der Corona-Pandemie über ELSTER – ebenso Anträge auf Forschungszulagen für Unternehmen bei der Bescheinigungsstelle Forschungszulage (BSFZ). Insgesamt haben Unternehmen jährlich rund 200 Kontaktpunkte mit Verwaltungen – wie Arbeitsamt, Genehmigungsbehörden, Kraftfahrtbundesamt, Zoll oder Gewerbeamt. Mit Hilfe ihrer ELSTER-Zertifikate können sich die Unternehmen bei den Online-Diensten der Behörden anmelden, Anträge ausfüllen, absenden und Bescheide über ein Postfach empfangen. Sukzessive sollen alle wirtschaftsbezogenen Fachverfahren in Deutschland angebunden werden.

mgm unterstützt das Bayerische Landesamt für Steuern bei der Entwicklung und Bereitstellung einiger wesentlicher ELSTER-Komponenten wie etwa den modellbasierten Tools zur Weiterentwicklung und Aktualisierung sowie beim Portal Mein ELSTER.

Weiterführende Informationen: