Eindrücke von der K5 Future Retail Conference 2018

In einem meiner vorherigen Artikel habe ich bereits den ersten Tag der K5 zusammengefasst. Mit diesem Text möchte ich nun auf einige ausgewählte Vorträge des zweiten Tags zurückblicken.

Die Entpuppung des Dinosauriers: Transformation eines Großunternehmens im Kerngeschäft

Auf der ECCELERATE STAGE in der Ausstellungshalle beschäftigte sich Sven Christian Andrä, CDO der Klingel Gruppe, mit der digitalen Transformation in seinem Unternehmen – einem Multichannel-Versandhändler, der sich insbesondere an die Zielgruppe der Best Ager richtet.

  • Die digitale Transformation des Familienunternehmens ist nicht unbedingt ein technisches Problem.
  • Vorrangig sind Veränderungen des Mindsets sowie des Skillsets (Aufbau neuer Fähigkeiten), die Veränderung des technischen Toolsets ist dann nur die logische Konsequenz.
  • Transformation ist somit vor allem eine Kommunikationsaufgabe.
  • Modell der „Drei Horizonte“ hilft bei der Argumentation im Unternehmen.
  • Horizont 1: Heute (laufendes Geschäft, das die Horizonte 2 und 3 finanziert)
  • Horizont 2: Initiativen mit Blick auf die nächsten 12-24 Monate (konkrete Geschäftsmodelle werden validiert mit dem Ziel, sie in Horizont 1 zu überführen)
  • Horizont 3: Initiativen mit Blick auf die nächsten 18-36 Monate (Fokus: Optionen sichern mit geringem Aufwand und begrenztem finanziellen Rahmen)

Ready for Christmas and Black Friday yet? – So werden Onlineshops fit für Lastspitzen

Auf der benachbarten DASH Stage berichteten Ingo Mommertz, Leiter E-Commerce IT, und Christian Hofstadt, Business Strategy Manager bei PlusServer, anschließend über ihren Umgang mit Peak-Belastungen.

  • Ursachen für Peak-Belastungen:
  • Große Events (Black Friday, Weihnachten, Fußball-WM etc.)
  • Marketingkampagnen
  • Launches (Website, Produkte etc.)
  • Um Peaks auffangen zu können, hat Douglas ein Zwiebelmodell erarbeitet.
  • 1. Schicht: Web Application Firewall
  • Absicherung gegenüber DDoS-Angriffen und unerwünschtem Nutzungsverhalten
  • Bringt eine Grundruhe in den Douglas-Shop
  • 2. Schicht: Visitor Prioritization
  • Problem: Zu viel Traffic macht den Shop langsamer oder lässt ihn den Betrieb einstellen. -> Beide Fälle senken die Conversion Rate.
  • Ziel: Dem bereits auf der Plattform befindlichen Kunden eine halbwegs akzeptable CX bieten.
  • Einbau eines Edge Servers, der die Kunden priorisiert. Neu hinzukommende Kunden werden bei zu viel Traffic in einen virtuellen Warteraum geleitet und kommen einige Sekunden später in den Shop.
  • 3. Schicht: Frontend & Backend
  • Frontend und Backend werden voneinander getrennt
  • Skalierung von Frontend-Nodes ohne Notwendigkeit eines Datenzugriffs
  • Internes Caching
  • etc.
  • Fazit
  • Nachträgliche Optimierung kostet enormen personellen und monetären Aufwand. Die Softwareentwicklung muss Hochlastszenarien somit im Blick haben.
  • Vorgelagerte Systeme können helfen, lösen die Probleme aber nicht komplett.
  • Zentrale Komponenten in einem Setup (z.B. Datenbank) werden unter Hochlast zur kritischen Infrastruktur.
  • Elastische Compute-Reserven reichen allein nicht aus.

From impossible to irresistible – How Picnic became the supermarket in your pocket

Auf der Hauptbühne startete am späten Vormittag ein längerer E-Food-Track. Den Anfang machte Frederic Knaudt, Co-Founder und CEO Germany des niederländischen Lebensmittelversenders Picnic, der vor kurzem offiziell den deutschen Markt betreten hat.

  • Warum hinkt der Onlinelebensmittelhandel dem restlichen E-Commerce hinterher? -> Preis, Wartezeit, Umständlichkeit
  • Thema Preis: Deutscher Konsument ist sehr preissensitiv -> Picnic ist dank effektiver Zustellung und effektivem Einkauf in diesem Punkt konkurrenzfähig.
  • Thema Wartezeit: Tagesaktuelle Routen erlauben kurze Lieferslots. Kunde erhält morgens eine Notification, wann der Fahrer bei ihm sein wird. Zeitfenster wird auf 20 Minuten eingegrenzt.
  • Thema Umständlichkeit: Anderes Einkaufsverhalten als im restlichen E-Commerce (größere Warenkörbe, mehr Wiederholungskäufe) -> Diesem Verhalten muss Rechnung getragen werden, Picnic-App zeigt Favoriten des Kunden zuerst an.
  • Im Testgebiet Kaarst arbeitet Picnic bei der Weiterentwicklung direkt mit den Kunden zusammen. -> Bsp. für bisherige Learnings: mehr regionale Produkte, Biotüte
  • Picnic möchte lieber in bestehenden Liefergebieten zunächst eine hohe Penetration erreichen als schnell in neue Städte zu expandieren.
  • Kunden können sich in eine Warteliste eintragen. Diese ist ein Entscheidungskriterium im Hinblick auf Expansionsprojekte.

Wie blickt Ferrero auf die Online-Entwicklungen?

Mit Marko Narberhaus, Key Account Head E-Commerce/Digital bei Ferrero, kam innerhalb des Tracks auch ein Vertreter eines Markenherstellers zu Wort. Narberhaus setzte sich dabei mit der Frage auseinander, wie Ferrero mit seinen Marken auch im E-Commerce sichtbar bleibt.

  • Aktuell liegt der Fokus im E-Food-Bereich noch auf speziellen Sortimenten (z.B. alkoholischen Getränken). Bei Vollsortimentern sind die Warenkörbe schon ausgeglichener.
  • Aber: Was online nicht gefunden wird, wird nicht gekauft. Süßwaren werden stationär jedoch meist spontan gekauft. Problem: Suchen die Kunden online aktiv danach?
  • Drei Visibilitätsstufen:
  • Find me: Kunde sucht konkretes Produkt.
  • Guide me: Konkretes Produkt ist noch unbekannt, Kunde ist Kategoriekäufer.
  • Delight me: Ungeplante Impulskäufe.
  • Find me: Wird online immer schwieriger, da sich die Anzahl der sichtbaren Artikel in den jeweiligen Devices immer weiter verengt (Stationär: 20-30 Produkte, Desktop: 10-15 Produkte, Mobile: 3-5 Produkte, Voice: nur noch ein Produkt?).
  • Guide me: Richtige Segmentierung und Beschreibung ist entscheidend für den Erfolg.
  • Delight me: Auch online wird über Süßware oft spontan entschieden. Kunde muss zum Kauf verführt werden. -> Ansprechende Abbildungen sind von entscheidender Bedeutung.

Wie sich McDonald’s auf eine mobile Welt einstellt

Anschließend brachte Nicolas von Sobbe, Director Digital bei McDonald’s, die Sichtweise eines Konzerns aus der Systemgastronomie ein.

  • Status quo: App bietet einerseits mobile Coupons und andererseits mobiles Bestellen und Bezahlen
  • Ziel: Von „One fits all“-Lösung zu „My McDonald’s“
  • Personalisiertes „My“-Erlebnis ist dank Netflix & Co. längst Standard und Voraussetzung, um die junge Zielgruppe zu begeistern.
  • Einheitliches CRM ist von großer Bedeutung.
  • Im Bereich Delivery existiert eine Kooperation mit Foodora. Auch hier sollen die anfallenden Daten ins McDonald’s-CRM fließen, um First Party Data zu erhalten. Dies ist auch für die Kommunikation mit dem Kunden entscheidend, um ihm erklären zu können, was mit seinen Daten geschieht und wofür sie verwendet werden.
  • Zudem ist es eine Herausforderung, die Franchisenehmer mitzunehmen. Digitalinitiativen sind bei ihnen nicht positiv besetzt. Strategie ist daher, mit digitalen Projekten vor allem die traditionellen Geschäftsteile zu unterstützen.

CTO-Panel zu den aktuellen Herausforderungen

Nach dem Lunch fand ein äußerst spannendes CTO-Panel statt. Dr. Roman Zenner, Industry Analyst bei commercetools und Betreiber des ShopTechBlogs, begrüßte hierzu Steffen Heilmann von MYTOYS, Florian Otte von Keller Sports und André Neubauer von Mister Spex auf der K5-Hauptbühne.

  • Unternehmen verkaufen oftmals vergleichbare Produkte. Herausbildung eines über das Sortiment hinausgehenden USPs daher unerlässlich. -> IT ist Kernkompetenz.
  • In-house-IT hat für alle drei Unternehmen eine zentrale Bedeutung – auch um hohe Komplexitäten managen zu können.
  • An externe Dienstleister werden vor allem Anforderungen ausgelagert, die nicht zum Kern des Geschäftsmodells gehören und für die es gute Lösungen von der Stange gibt (z.B. PIM).
  • Weitere Anknüpfungspunkte für Dienstleister: Skalierung, Prototyping, Initiativen, für die intern Kompetenzen fehlen.
  • Die Zusammenarbeit zwischen IT und Business muss funktionieren. IT sollte nicht länger als Cost Centre, sondern als Enabler gesehen werden.
  • Ein agiles „gallisches Dorf“ in der IT funktioniert nicht. Auch hier müssen das Business und die gesamte Organisation mitmachen.

Rapid Innovation – Wie man digitale Produkte baut, die begeistern

Ruppert Bodmeier, Founder und CEO von disrooptive, beschäftigte sich schließlich in einem ebenso unterhaltsamen wie erkenntnisreichen Vortrag mit der Frage, wie sich Handelsunternehmen radikal von ihren Wettbewerbern unterscheiden können, um sich auch gegen Konkurrenten wie Amazon oder Google behaupten zu können.

  • Status quo in der Kundenkommunikation des E-Commerce: Etablierte Lösungen werden nicht hinterfragt, sondern adaptiert. -> Verfestigung des Status quo, keine Unterscheidbarkeit
  • Methodenframework Rapid Innovation
  • Definition der größten Kundenherausforderungen
  • Out-of-the-Box-Benchmarking: Suche nach Lösungen AUSSERHALB der eigenen Branche und Produktkategorie -> größte Innovationen kommen nicht aus der eigenen Branche
  • Analyse der gefunden Lösungsmechanismen
  • Adaption dieser Lösungsmechanismen und Interpretation für die eigene Branche
  • Rapid Prototyping und Tests mit den anvisierten Kunden

Dieser Artikel wurde ursprünglich auf LinkedIn veröffentlicht.